Ergebnisse des Barcamps bei der „Langen Nacht der Pflege“ Wien 2023

Pflege – Bildung, Karriere, Investitionen, Werte und Politik

21.11.2023
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Lange Nacht der Pflege, 10. Mai 2023, Urania Wien, in der Mitte stehend: S. Singer, E. Potzmann, M. Mittermaier

Ergebnisse des Barcamps bei der „Langen Nacht der Pflege“ Wien 2023

Kozon Vlastimil, Mittermaier Michael, Ruppert Sabine, Bernhard Peter, Singer Silvia
ÖGKV Landesverband Wien

Die Veranstaltung „Lange Nacht der Pflege“ bot am 10. Mai 2023 eine inspirierende Plattform für Austausch und Diskussion über wichtige Themen im Pflegebereich. Ein besonderer Höhepunkt waren die sehr interessanten Diskussionen im Rahmen des Barcamps. Pflegepersonen aus verschiedenen Bereichen sowie mit vielfältigen Erfahrungen kamen zusammen, um Ideen und Lösungen zu erarbeiten. Es wurden aktuelle Themen aktiv diskutiert, bearbeitet und folgende Hauptergebnisse haben sich herauskristallisiert.

Bildung und Karriere
Den Teilnehmer*innen ist eine berufsbegleitende Durchgängigkeit in der Bildungskarriere sehr wichtig (z.B. Aufschulung von DGKP auf Bachelor), gleichzeitig sollte es auch eine finanzielle Anpassung der Löhne für Weiterbildungen geben. Praxisanleitung ist sehr wichtig und noch immer nicht korrekt implementiert (Ressourcenmangel, fehlende Wertschätzung und Unterstützung).
Der Transfer der Ausbildung bzw. Theorie und Praxis sind noch immer eine Herausforderung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Pflegefachpersonen, die noch die „alte Ausbildung“ absolviert haben und Pflegefachpersonen, die „neue Ausbildung“ absolvieren, miteinander kommunizieren. Klimakrise sollte als Thema bei der Pflegefachausbildung sowie in der Pflegepolitik Raum finden. Neue Spezialisierungen wie Forensic Nurse, Case & Care Management sollten ebenfalls mehr durch Ausbildungen unterstützt bzw. angeboten werden.
Entsprechende Finanzierung während der Pflegefachausbildung. Internationale Anerkennung der Pflegefachausbildung scheint noch immer nicht für alle Länder transparent und nachvollziehbar zu sein. Auffrischung von (Sonder-) Ausbildungen (z.B. BLS, ILS, ALS) sollte verpflichtend gemacht werden und entsprechende Kurse auch angeboten werden. Die Teilnehmer*innen möchten eine Auflistung der in Österreich verfügbaren Fortbildungen, Sonderausbildungen, Master etc. von Seiten des ÖGKV. Zur Ausbildung der Betreuungsberufe – diese sollen ausgebaut bzw. qualitativ verbessert werden.

Karriere
Die Vielfalt der Pflege sollte mehr transparent gemacht werden. Nutzung der bestehenden Kompetenzen der Pflege, Vertiefung der Kompetenzen und Erweiterung von Kompetenzen der Pflege sollte durch Organisationen und Politik mehr unterstützt werden, allerdings ist es oft unklar, wer darüber in der Politik entscheidet.
Im Zusammenhang mit Karriere und Führungsverantwortung ist es wichtig, Gehälter anzupassen, denn Unterschiede zwischen Gehälter von Pflegemanager*innen und Gehälter anderer Berufsgruppen im Management sollten aufgehoben werden.
Es sollte Karriere im Management und Lehre möglich sein mit anderen facheinschlägigen Ausbildungen. (also nicht nur Pflegepädagogik oder Krankenhausmanagement, sondern auch Leitungsausbildungen in anderen Sparten) Dies ist eine EU-Forderung (Durchlässigkeit der Karrieren).
Empowerment der Pflege. Ausnutzung sichtbar machen, was Pflege ist und was Betreuung ist. ÖGKV auch mehr bewerben und über seine Leistungen informieren.

Investitionen in die Pflege
Eines der Hauptthemen im Barcamp war die Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonen und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Insbesondere wurden Verträge mit der ÖGK in Bereichen wie Wundmanagement, Diabetesberatung, Stoma- und Kontinenzberatung sowie Sterbe- und Trauerbegleitung als entscheidend erachtet. Durch solche Verträge könnten Pflegefachpersonen ihre Fachkompetenz gezielt einsetzen und eine optimale Versorgung gewährleisten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der während des Barcamps diskutiert wurde, war die Wertschätzung und Vergütung von Beziehungsarbeit als professionelle Pflege. Die Pflegefachpersonen betonten die Bedeutung einer angemessenen finanziellen Anerkennung für ihre geleistete Arbeit, die auf Beziehungen und zwischenmenschlicher Unterstützung basiert. Ein inspirierendes Beispiel waren Pflegepraxen, ähnlich wie sie in Finnland erfolgreich etabliert wurden. Diese Praxen ermöglichen eine gezielte Investition in die Pflege, um eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen und die Arbeitsbedingungen für Pflegefachpersonen zu verbessern.


Pflege – Werte und Politik
Es wurde Telenursing als vielversprechende Investitionsmöglichkeit in die Pflege hervorgehoben. Es wurde betont, dass es bereits gute wissenschaftliche Evidenz für die Effektivität und Effizienz von Telenursing gibt. Die Integration dieser Technologie könnte den Zugang zur Pflege verbessern und die Versorgungsdichte erhöhen.
Abschließend wurde die Notwendigkeit betont, mehr Spezialisierungsmöglichkeiten anzubieten und zu fördern. Dies würde den Pflegefachpersonen die Möglichkeit geben, sich auf bestimmte Fachbereiche zu spezialisieren und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gezielt einzusetzen.
Das Barcamp im Rahmen der Langen Nacht der Pflege bot eine inspirierende Plattform für den Austausch und die Diskussion über Investitionen in die Pflege. Die genannten Stichworte verdeutlichen die Vielfalt der Herausforderungen und Chancen, die in diesem Bereich bestehen. Die Ergebnisse des Barcamps bieten eine Grundlage für weiterführende Diskussionen und die Entwicklung zukunftsorientierter Lösungsansätze.
Die Pflegefachpersonen sind motiviert, diese Ideen und Anregungen weiterzuverfolgen und ihre Expertise aktiv in den Gestaltungsprozess einzubringen. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit relevanten Akteuren und Entscheidungsträgern sowie die kontinuierliche Förderung von Investitionen in die Pflege sind entscheidend, um eine qualitativ hochwertige Versorgung und eine positive Weiterentwicklung des Pflegebereichs zu gewährleisten.
Gemeinsam können wir insbesondere folgende Herausforderungen angehen und die Zukunft der Pflege aktiv gestalten:

  • Umverteilung der Finanzierung: Geld in die Pflege und das nicht nur ins Krankenhaus
  • Pflegethemen müssen von Pflegepersonen wahrgenommen werden insb. Pflegegeldeinstufung bzw. Vorsorgevollmacht
  • Patienten und Angehörige müssen das Recht auf Pflege von der Politik einfordern
  • Pflege ist überall gleich viel wert, egal ob Intensivstation, Bettenstation, Geriatrie oder Mobile Pflege, hier wird auch die Anerkennung in der eigenen Berufsgruppe gefordert
  • Pflege ist Schwerarbeit und muss entsprechend anerkannt und angerechnet werden
  • Ausbildung gewährleisten, auch für 24-Stunden-Betreuung
  • Pension ab 60 für Frauen und Männer
  • Mitsprache der Basis bei wichtigen Entscheidungen, z.B. Anschaffung digitaler Systeme
  • Anti-Mobbing-Edukation aller Ebenen
  • Strukturelle Gewalt sichtbar machen und abbauen
  • eigenes Staatssekretariat (mit Fachpflegepersonen besetzt) in der nächsten Regierung
  • Empowerment für Patient:innen und für Pflegepersonen
  • Pflegekammer
  • Freiberuflichkeit – Eigene Verrechnung von Leistungen der professionellen Pflege mit der Sozialversicherung
  • Löhne am Bildungsstatus orientieren (z.B. Was bringt mir MSc, wenn ich weniger verdiene und nicht wertgeschätzt bin)

Zusammenfassung und Ausblick
Die Pflegefachpersonen sind motiviert, die diskutierten Ideen weiterzuverfolgen und aktiv in den Gestaltungsprozess einzubringen. Die Herausforderungen und Chancen in der Pflege erfordern eine verstärkte Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern, um Investitionen zu fördern und eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Einige der herausgestellten Forderungen beinhalten die Umverteilung der Finanzierung in die Pflege, die Anerkennung der Pflege in verschiedenen Bereichen und die Schaffung von klaren Karrierepfaden. Die Zukunft der Pflege kann nur gemeinsam gestaltet werden, mit einem Fokus auf Anerkennung, Investitionen und Weiterentwicklung.

Bild: Lange Nacht der Pflege, 10. Mai 2023, Urania Wien, in der Mitte stehend: S. Singer, E. Potzmann, M. Mittermaier


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